GNOME 43 Test Titelbild

Vorwort

Nach dem großen Umbruch mit der Einführung von Libadwaita in GNOME 42, zu dem ich auch einen Artikel geschrieben hatte, folgte gestern am 21. September, nach der Alpha am 21. Juli, der Beta am 15. August 2022, dem 25. Geburtstag von GNOME und dem Release Canidate am 2. September, GNOME 43 mit dem Codenamen Guadalajara. GNOME lag damit perfekt im Zeitplan.
Die Highlights von GNOME 43 sind wohl besonders die Portierung von Nautilus auf Gtk4 und Libadwaita, sowie die neuen Schnelleinstellungen. Aber auch fast alle anderen Programme haben einen mal mehr, mal weniger großen Schritt nach vorne gemacht, so dass sich die Neuerungen in GNOME 43 nicht vor denen aus GNOME 42 verstecken müssen.

Libadwaita

Seit Version 1.0, die vor knapp einem halben Jahr mit GNOME 42 erschienen ist, hat Libadwaita viele Verbesserungen erhalten. Als neue Klassen wurden AdwAboutWindow, löst GtkAboutWindow ab und kümmert sich um das About Fenster, welches Informationen über ein Programm anzeigt, AdwEntryRow und AdwPasswortEntry hinzugefügt, die für (Passwort-) Eingabefelder zuständig sind. Auch AdwMessageDialog wurde hinzugefügt, welches die Dialoge styled die z.B. nachfragen ob eine Datei gespeichert werden soll. Auch gab es natürlich viele Fixes und kleinere Änderungen die hier nicht aufgezählt sind
Was es leider nicht in Libadwaita 1.2 geschafft hat, ist die recoloring API. Diese soll z.B. Aktzentfarben ganz einfach möglich machen. Seltsamerweise gab es, nachdem viel daran gearbeitet wurde, keine wrkliche Bewegung mehr in der Entwicklung dazu. Ich hoffe dennoch, dass die recoloring API in GNOME 44 erscheinen wird. Neu zu Gtk4 und Libadwaita portiert wurden:

Für die Gtk4/Libadwaita Portierung von GNOME-Maps wurde sogar der Feature Freeze der GNOME-Beta aufgebrochen. Ab der Beta dürfen keine weiteren Features mehr in GNOME Core-Projekten, die dem GNOME-Versionsschema folgen, hinzugefügt werden, sondern nur noch Bugs gefixt werden, was aber manchmal auch größere Änderungen bedeuten kann.
Mit GNOME 42 hat die GNOME Foundation, mit der einführung von Libadwaita, zwar einen großen Sprung hin zu einem konsistenten und adaptiven Desktop ohne Theming Probleme gemacht, aber Leider waren Anfang 2022 nur wenige Programme auf Gtk4 und Libadwaita portiert. Selbst von den GNOME Core und Circle Apps war nur ein kleiner Teil portiert. In dem halben Jahr zwischen GNOME 42 und 43 sind nun viele weitere (vor allem auch externe) Programme auf Gtk4 und Libadwaita portiert worden. Das dürfte zwar in der nächsten Zeit so weiter gehen, aber es wird wohl nie einen komplett konsistenten Desktop geben. Sei es nur weil es noch das Qt Framework gibt, welches vom KDE Plasma Desktop benutzt wird. Zum Glück sollten bei der Nutzung von GNOME meistens nur wenige Programme gebraucht werden, die Qt statt GTK nutzen. Zwar könnte man jetzt zu Windows schauen, bei dem von einer halbwegs konsistenten Oberfläche nur geträumt werden kann, aber das bringt ja auch niemanden weiter.

Nautilus

Nautilus als großes Fenster, kleines Fenster ung kleines Fenster mit ausgeklappter Sidebar

Die Verschiedenen Ansichten von Nautilus 43

Eines der Highlights des neuen GNOME Releases, ist wohl die portierung vom Dateimanager Nautilus auf Gtk4 und Libadwaita. Leider hatte ich in meinem Artikel zu GNOME 42 fälschlicherweise angegeben, dass Nautilus auf Gtk4 portiert worden ist, dabei war es nur so, dass Nautilus in Version 42 auf Gtk4 portiert werden sollte, die portierung dann aber zu Gunsten der Stabilität auf Version 43 verschoben wurde. Jetzt ist Nautilus portiert und fügt sich damit perfekt in die Liste der konsistenten GNOME-Apps ein.
Auch das Verhalten der Sidebar auf Mobilgeräten wurde mit der nutzung von AdwFlap statt GtkPaned deutlich verbessert. Die Sidebar verschwindet nun, wenn das Fenster zu schmal wird und lässt sich auf Wunsch über einen Button im Header wieder einblenden. Damit dürfte Nautilus auf Mobilen Geräten deutlich besser zu nutzen sein, auch wenn Nautilus erst mit Version 44 für Mobile komplett "ready" sein soll.

Auch die Listenansicht wurde in Nautlus 43 überarbeitet und nutzt nun GtkColumnView statt GtkTreeView. Einige Parameter wie die Abstände wurden ebenfalls angepasst. Für die Listenansicht sollen mit Version 44 weitere große Updates, wie aufklappbare Ordner, kommen.
Auch viele Informations- und Einstellungs-Fenster wurden überarbeitet. Zwar düften ein paar dieser Fenster (zum Beispiel das der Berechtigungen an einer Datei oder einem Ordner) mit der nächsten GNOME Version noch weiter Überarbeitungen erhalten, aber an vielen Stellen ist das Design bereits so, wie es sein soll. Auch die Performance wurde an mehreren Stellen (teilweise aufgrund der portierung auf Gtk4) deutlich verbessert, so dass Nautilus nun z.B. deutlich besser mit Ordnern in denen sehr viele Dateien sind umgehen kann.

Auch die Menüs wurden in Nautilus 43 deutlich überarbeitet, so dass insbesondere das Kontextmenü (mit einem Rechtsklick erreichbar) nun deutlich aufgeräumter und übersichtlicher ist, was aber teilweise auch an Gtk4/Libadwaita liegt. Dieses Menü soll in Version 44 unter anderem mit einem neuen "File Hinzufügen" Dialog ausgestattet werden, welcher im Rahmen der Google Summer of Code (GSoC) Programmiert wurde.

GNOME-Software

GNOME-Software

GNOME-Software hat auch in Version 43 wieder einige sinnvolle Verbesserungen erhalten, die das Installieren von Programmen noch angenehmer machen.
Beispielsweise werden jetzt Webapps unterstützt und, wenn vorhanden, unter dem gewählten Programm weitere Programm des Authors vorgeschlagen.

GNOME-Software Quellen Menü

Eine weitere praktische Änderung ist das neue Auswahlmenü für die Quelle des Programms. So ist das Menü jetzt nicht mehr im Header des Fensters platziert, sondern unter dem „Installieren“ Button und wurde neu gestaltet, so dass jetzt klarer zu erkennen ist, in welchen Paketformaten (z.B. apt, rpm oder Flatpak) das gewählte Programm bereit steht. Die neue Platzierung ist besonders dann sinnvoll, wenn man bedenkt dass dieses Feld ja Programmabhängig ist. Im Header sollte meiner Meinung nach nichts zu finden sein, dass Informationen/Optionen zum gerade gezeigten Inhalt anzeigt, sondern nur welche die das Fenster im allgemeinen betreffen, wie z.B. der „Schließen“ Button.


GNOME-Web

GNOME-Web hat zwar mit Version 43 Unterstützung für Firefox und Chrome Erweiterungen bekommen, leider funktionieren aber noch nicht alle Erweiterungen, so dass die Optionen für die Erweiterungen noch ausgeblendet werden. Für Version 44 sollten die Erweiterungen so gut funktionieren, dass die Optionen dafür eingeblendet werden.
Der Gtk4 und Libadwaita Port von GNOME-Web ist, vor allem auf Grund von verschiedenen Bugs z.B. in Gtk die noch nicht oder zu spät gemerged wurden, leider nicht im GNOME 43 Release-Cycle fertig geworden, dürfte aber mit dem 44er Release kommen, wenn nichts unvorhergesehenes passiert. Auch eine neue Tab-Übersicht soll mit Version 44 kommen.

Schnelleinstellungen

Schnelleinstellungen WLAN Menü Schnelleinstellungen am Notebook

Die bereits etwas in die Jahre gekommenen Settings die oben rechts in der Leiste zu finden sind, werden durch die neuen Schnelleinstellungen ersetzt, welche mehr Features enthalten und ein ansprechenderes Design haben sollen.
Das Design der Schnelleinstellungen ähnelt ein wenig dem Design der Schnelleinstellungen in Android 12 und Windows 11.

Über die Schnelleinstellungen lässt sich vom ausschalten des Computers bis zum ein-/ausschaulten des Darkmodes oder dem auswählen eines WLans pber ein simples Menü viel machen. Auch Screenshots lassen sich direkt von dort erstellen, was erst in der GNOME Beta hinzugefügt wurde, da es ein kleines aber praktisches Feature ist.

Des weiteren bin gespannt, was die Erweiterungs-Community mit den neuen Schnelleinstellungen macht, da es ja einige Erweiterungen für die alten Schnelleinstellungen gibt, von denen einige nun überflüssig sind, da z. B. der Sound Output nun von dort eingestellt werden kann. Die Features von anderen Erweiterungen wiederrum gibt es auch in den neuen Schnelleinstellungen (noch) nicht. Ich bin gespannt zu sehen wie schnell ein paar dieser Erweiterungen auf die neuen Schnelleinstellungen „portiert“ werden. Ich nutze zwar gerade keiner dieser Erweiterungen, aber interessieren würde es mich dennoch.

GNOME-Kalender

Der GNOME-Kalender hat mit Version 43 eine Sidebar bekommen, die den gewählten Monat und die Termine des aktuellen Tages anzeigt. Ähnlich wie bei Nautilus (nur anders herum) verschwindet der „Hauptteil“ des Kalenders, wenn das Fenster zu schmal wird und die neue Sidebar füllt das gesamte Fenster. Damit sollte der GNOME-Kalender nun auch auf Mobilen Geräten gut nutzbar sein. Die Liste der GNOME-Core-Apps die nicht, oder zumindest nicht gut, auf Mobilen geräten läuft verkürzt sich also weiter.

Console

Console 43 und 42

Console 43 und 42 im Vergleich

Das Terminal Programm Console, welches mit GNOME 42 das alte gnome-terminal als Standard Terminal abgelöst hat, wurde in Version 43 auf Gtk4 und Libadwaita portiert. Außerdem dabei wurde die Hintergrundfarbe von Schwarz mit etwas durchsichtigkeit auf Grau mit undurchsichtigem Hintergrund geändert. Zumindest die entfernung der Durchsichtigkeit war oft gewünscht worden, da es für viele Personen unangenehm war, wenn der Hintergrund durch das Terminal durchscheint. Auch wurde das Nautilus-Erweiterung entfernt, welches im Kontextmenü den Eintrag „In Console Öffnen“ hinzugefügt hat. Dieses wurde nun direkt in Nautilus integriert, so dass keine Erweiterung mehr benötigt wird.

Sonstiges

Natürlich gab es noch viele weitere Änderungen die ich hier jetzt nicht aufgezählt habe. Um ein beispiel zu nennen:
In den Einstellungen ist nun der Punkt „Device Security“ zu finden, der die Sicherheit des Systems anzeigen soll.

Distributionen

In der Rolling Release Distribution Archlinux sollte GNOME 43 innerhalb der nächsten zwei oder drei Wochen im Stable Channel erscheinen, wenn sich die Maintainer nicht entscheiden auf GNOME 43.1 zu warten, welches am 22. Oktober erscheinen soll. Wie üblich kommt GNOME bei Archlinux unverändert beim User an. Da die auf Archlinux basierende Distribution Manjaro viele Erweiterungen mitausliefert, landet GNOME 43 in Manjaro für gewöhnlich ein paar Wochen nach Archlinux.

Bei Fedora wird GNOME 43 erstmals mit Fedora 37 ausgeliefert, welches am 18. Oktober erscheinen soll. Fedora bringt, wie Archlinux, ein unverändertes GNOME ohne Anpassungen mit.

Bei Ubuntu sieht die Sache etwas anders aus. Wie auch Fedora bringt die nächste Ubuntu Version, 22.10 welches am 20. Oktober erscheinen soll, die neue GNOME Version mit, aber bereits mit einigen Veränderungen. So wird z.B. immer noch das gnome-terminal verwendet und wie immer gibt es auch die Seitenleiste. In den Einstellungen wurden die Spezifischen Einstellungen für die Verschiedenen Ubuntu-Anpassungen in den neuen Bereich „Ubuntu Desktop“ verschoben. In diesem Release wird auch erstmals auf Gtk4 und Libadwaita gesetzt, so dass es insgesamt alles etwas mehr aus einem Guss aussieht.

GNOME 44

In GNOME 44 dürfen wir neue Hintergrundbilder erwarten!
Spaß beiseite. Zwar dürfte GNOME 44 wie jedes GNOME Release (auch GNOME 43) neue Hintergrundbilder erhalten, die wirklichen Neurungen dürften aber an anderer Stelle liegen. So dürfen wir zum Beispiel mit GNOME 44 mit einem neuen, in Rust mit Gtk4 und Libadwaita geschriebenen, Bildbetrachter, eventuell die recoloring API und einem Abschluss der Verbesserung für Mobile bei Nautilus und den anderen GNOME-Apps rechnen. Auch an den Schnelleinstellungen wird sich wohl noch einiges tun. Außerdem sollte mit Version 44 auch der Gtk4 port von GNOME Web fertig sein.